Footprints

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Samstag, 27. Mai 2017

Kursbetrieb im CAPI

Momentan sind wir in der kursfreien Zeit. Oder doch eher in der zwischenkurslichen Zeit? Der letzte von insgesamt vier Blöcken der Grundausbildung ging am 21. April zu Ende und noch vor dem Frühstück einen Tag später waren alle weg. Zack und fertig, quasi.

Der ehemalige Mitarbeiter und aktuell langjähriges Vorstandsmitglied Dani Rüdiger von Licht in Lateinamerika hat einmal gesagt: "Während den Kursen ist es streng, zwischen den Kursen ist es sehr streng" Und prompt hat er recht behalten.

Am 19. Juni fängt bereits der nächste Kurs an, ein 4-wöchiger Frauenkurs mit den Schwerpunkten Backen oder Nähen mit diversen ergänzenden Fächern wie zum Beispiel Buchhaltung, Computerunterricht, Mathematik, Hygiene, (und anderen!). Auch haben sie die Möglichkeit, ihr Bibelwissen zu vertiefen und im Ethik-Kurs ihre Rolle als Frau zu analysieren.

Bei dem vollgepackten Programm sind die Frauen wohl komplett ausgelastet, weshalb sie alle alleine anreisen um sich nicht auch noch um die Kinder oder Männer kümmern zu müssen. Wir hoffen, dass viele Frauen diese Chance ergreifen, auch wenn das getrennt sein von zuhause für einen Monat nicht nur ein "Zuckerschlecken" ist (auch wenn im Backkurs bestimmt etwas Zucker geschleckt wird 😁).

Genau dieses vollgepackte Programm wird jetzt ausgearbeitet und vorbereitet.

Nun aber ein bebilderter Rückblick auf den letzten Kurs!

Das ist "Comedor", der Speisesaal. Unzählige Kilos Reis und Bohnen werden hier während der Kurszeit verputzt. Vor dem Essen gibt es meist "Anuncios", Informationen zum Kursablauf und Abends stets ein paar Gedanken zum Abschluss des Tages. Jeder holt sich sein Essen selbst und räumt das dreckige Geschirr auch wieder weg. Ausserdem sind alle abwechslungsweise eingeteilt um zu spülen, den Boden zu fegen, die Klos zu putzen, etc. Ihr seht, auch neben den offiziellen Schulzeiten hat jeder der Schüler seine Aufgaben.

Bei so viel neuem Wissen, Prüfungsstress und ungewohnten Abläufen zut es besonders gut zwischendurch einfach mal Fussball zu spielen. JEDE. FREIE. MINUTE.
Die einen barfuss, die anderen nur in Socken, in Turnschuhen, in Stiefeln oder auch welche in richtigen Stollenschuhen, alle geben Vollgas. Manchmal braucht man eine gewisse Zeit um zu kapieren, wer genau in welchem Team ist, denn nicht immer spielen sie mit den Trikots.

Hier ein Einblick in die Schreiner-/Konstruktionsklasse. Obwohl alle Kurse ganz klar eine praktische Ausrichtung haben geht es halt nicht ganz ohne Theorie. Kommt noch hinzu, dass Costa Rica offiziell zwar das metrische System benutzt, durch die Nähe zu den USA aber auch viele Masse in Zoll angegeben werden. Das muss auch hin- und her umgerechnet werden können...

Hier die selben Schüler mit ihrem indigenen Lehrer Julian beim Betonieren des Bodens im Hühnerstall. Wie man sieht nehmen die Absolventen des Schreinerkurses ein breites Spektrum an Erfahrungsschatz mit, von grundsätzlicher Holzbearbeitung bis zur kompletten Konstruktion eines Hauses inkl. Fundament und einfachen elektrischen Installationen. Kein Wunder sind die Studenten Abends oft so müde!

Natürlich darf aber auch der Spass nicht zu kurz kommen.

Hier die Schüler des Landwirtschaftskurses. Ob Abraham gerade am verzweifeln ist? Neben Viehwirtschaft wird ein grosser Schwerpunkt auch auf die Herstellung von Kompost, organischem Dünger und allgemeinem Gartenbau gelegt. Was da während deer Kurszeit alles gedeiht ist wunderbar! Auch diese Sparte wird von einem indigenen Lehrer (Evangelisto) unterrichtet, gemeinsam mit dem einheimischen Landwirtschaftsverantwortlichen Rodrigo (genannt: Rigo).

Die wenigsten Schüler haben die Möglichkeit zuhause gleich mit einem grossen Viehwirtschaftsprojekt zu beginnen, alle nehmen aber ein breit gefächertes Wissen über die Haltung von Kühen, Schweinen und Hühnern mit. Bereits schicken die ersten Schüler uns Bilder von ihrem Garten zu!

Hier der Mechanikkurs mit dem indigenen Assistenten Roy Vargas (2. v.l.). Die Kurse sind modular aufgebaut, zu Beginn mit Metallbearbeitung (und auch hier viel Übung mit dem metrischen und dem imperialen System), dann kommt Schweisstechnik dazu, 2-Takt Motoren, Elektrik, 4-Takt-Motoren und schlussendlich auch etwas Automobiltechnik. Und das alles in 4x2 Monaten.

Hier erklärt Wagner Flores, indigener CAPI-Mechaniker und Lehrer im Mechanikurs gerade die Funktionsweise der Bremsverstärkung und alle hängen ihm an den Lippen. Die Schwierigkeit ist, allen Schülern möglichst gerecht zu werden. Da gibt es einige aus Gebieten die nur per Boot erreichbar sind. Die bräuchten Schulung in Aussenbordmotoren. Andere hätten die Möglichkeit, ein Gelände aufzuforsten und müssten fundierte Kenntnisse über Motorsägen haben. Wieder andere hätten sogar die Möglichkeit ein Auto oder einen Pickup instand zu stellen und bräuchten hier mehr Unterricht. Wir versuchen, eine generelle Grundausbildung zu erteilen, dank der sich die Schüler selbst durch die praktische Arbeit mit fundiertem Grundwissen weiter bringen können.

Einige Bereiche sind nicht ganz klar einer Sparte zuzuordnen. Grundkenntnisse in Elektrizität schadet keinem. Auch benutzt ein Schreiner wie auch ein Landwirt mal eine Motorsäge. Solche Dinge unterrichten wir dann in einem sogenannten "Taller", einem Workshop. Grundwissen für alle die mit dem Thema zu tun haben, vertieftes Wissen für diejenigen, die es dann benötigen. Als Beispiel wieder die Motorsäge: Jeder sollte über die korrekte Handhabung, die täglichen Wartungsarbeiten, bekannte Störungen und das Schleifen der Kette Bescheid wissen. Reparaturen, Einstellungen von Leerlauf- und Maximaldrehzahl und fundierte Kenntnisse in der Funktionsweise unterrichten wir dann zusätzlich den Schülern des Mechanikkurses.

Sonntags feiern wir jeweils gemeinsam den Gottesdienst. Da bringt jeder seine Gaben ein und im familiären Rahmen darf man auch mal was ausprobieren. Mehrmals haben die Schüler selbst gepredigt, sich um den Lobpreis gekümmert oder die Moderation übernommen. Auch wir investieren uns in den vielfältigen Aufgaben der Gottesdienstgestaltung.

Morgens gibt es jeweils auch eine Andacht, welche jeden Dienstag von einem Mitarbeiter, an den anderen Morgen von den Schülern selbst gestaltet wird. Hier wird auch sehr viel von der indigenen Kultur sichtbar. Vielfach können Sie sich gerade die Erzählungen, bei denen es um das "Volk" geht viel besser vorstellen. Ich als Schweizer habe ein ganz anderes Verständnis von einem Volk (gerade weil die Schweiz wohl eher eine Willensnation ist und erst noch vier Sprachen die Sache etwas komplizieren) als beispielsweise die Teribe-Indianer, die sich stark von den angrenzenden Ngöbe-Indianer differenzieren.

Auch die Ehefrauen kommen nicht zu kurz. Mehrmals pro Woche dürfen die Kinder in den Kindergarten und die Frauen geniessen ihrerseits den Back- und den Nähunterricht. Hier die drei Indianerfrauen mit Yorleni Porras (2. v.l.) beim Backen über offenem Feuer. Die Resultate lassen sich sehen und schmecken fantastisch!

Hier unterrichtet Kattia Castro eine Schülerin im Nähen. Die Nähmaschinen werden mittels Keilriemen und Fusswippe betätigt, benötigen also keinen Strom. Schon faszinierend, was alles mit einfachen Mitteln fabriziert werden kann! Tja, hätte ich (Küsu) mal im Handarbeitsunterricht bei Frau Zettel in der Primarschule besser aufgepasst 🙂. Annalena übrigens hat das Nähen entdeckt und so hängt in unserem Haus immer mal wieder ein neuer Vorhang, ganz praktisch wo es doch schon um halb sechs Uhr morgens hell ist.

Der ausdrückliche Wunsch der Frauen war es, Stoffbären zu nähen.Wer schon mal selbst versucht hat so was zu machen weiss, dass das nicht unbedingt einfach ist.

Nicht alle Paare sind verheiratet. Kulturbedingt gibt es gerade in den Stammesgebieten oftmals den Status "juntado", zusammen, gesellschaftlich akzeptiert aber ohne rechtliche Bedeutung. Viele werden jung Eltern und sind dann mit dieser neuen Situation der Verantwortung konfrontiert, wenngleich auch die erweiterte Familie eine grosse Stütze ist. Während alle Schüler in Ethik unterrichtet werden, gibt es für die Paare gesondert "clases de Pareja", Paarunterricht. Die Rolle von Ehemann und Ehefrau werden beleuchtet, Fragen geklärt und so manches kritisches Gespräch geführt.

Alle erhalten auch Computer-Unterricht. Im letzten Kursblock mussten die Schüler eine Präsentation vorbereiten und vortragen. Die Fortgeschrittenenklasse hat eine Präsentation über "meine Kultur, mein Zuhause" mit automatischem Ablauf gemacht, die in der letzten Woche während dem Abendessen vorgestellt wurden. Immer wieder wurde das Essen von Aplaus unterbrochen, weil alle aufeinander stolz waren und so auch noch viel über die gegenseitigen Kulturen gelernt haben. Die Frauen hatten einen Nachmittag voller Präsentationen inklusive Kaffee und Kuchen.

Jeweils Samstagmorgens unterstützen uns die Studenten mit ihrer "Manpower". Da werden Wasser- oder Stromleitungen verlegt, Holz gehackt, Fische gefangen oder was auch immer ansteht. Für die Studenten eine Abwechslung im Kursalltag, für uns als CAPI eine Unterstützung bei den vielen anstehenden Projekten.

Hier ein Schnappschuss vom Fische ausnehmen und entschuppen. Schon so manch gutes Gespräch hat sich durch die gemeinsame Arbeiten ergeben.

Natürlich bemühen wir uns auch, die Kurse abwechslungsreich zu gestalten. So sind wir am Karfreitag alle gemeinsam an den nahe gelegenen Pazifik gereist. Und was haben die Indigenen als erstes gemacht? In der prallen Sonne am Strand Fussball gespielt.

Und plötzlich haben auch die Jungs ihre handarbeitlichen Fähigkeiten ausgepackt und so war das Palmenblatt auf einmal kunstvoll geflochten!

Am letzten Tag, der grossen "Clausura", haben sich alle chic gemacht. Unzählige Guppen- und Grüppchenfotos wurden geschossen, werden sich doch wohl viele von den Schülern nie wieder sehen.

Das Durchhalten der Schüler wurde mit dem lange ersehnten Zefrtifikat belohnt. Auch haben viele vom Angebot des Stipendiums Gebrauch gemacht. Wer das Taschengeld gespart und nicht alles ausgegeben hat, dem wurde der verbleibende Betrag am Ende des Kurses verdoppelt. So sind viele mit Werkzeugen nach Hause gereist.

Wir vermissen die muntere Truppe und werden hoffentlich einige von Ihnen wieder sehen, z.B. im kommenden Theologiekurs im September?

Wir sind nach wie vor begeistert von dem hier vorgestellten Konzept der Hilfe zur Selbsthilfe. Du auch? Das ist alles nur dank den vielen treuen Unterstützern möglich, ganz herzlichen Dank dafür! Wenn du diese Arbeit auch unterstützen möchtest, findest du hier Informationen dazu.

Übrigens:

Die Gewinner des Gewinnspiels im letzten Blog heissen John Bremer und Fiona Kislig. Herzlichen Glückwunsch!

Und gleich noch ein Übrigens:

Das costaricanische Strassenverkehrsgesetz erlaubt von 22:00 Uhr bis 05:00 am nächsten Morgen das Überfahren einer roter Ampel mit entsprechender Vorsicht. Eigentlich recht clever, oder? Das ist uns bei Studium für die Theorieprüfung in Costa Rica aufgefallen. Doch mehr dazu in einem anderen Blog.